Lucie Kolb – Smoke And Mirrors, Romy Rüegger – Step by step a capella – useful terms of early modern times, Marc Matter – Ohne Titel, Quinn Latimer – I had come in from your mineral violence, Matthias Freiburghaus – Ohne Titel

 

arthur #23 entstand für «Of Objects, Fields And Mirrors», eine Ausstellung junger Künstler aus Basel, Zürich, Lausanne und Genf, kuratiert von Maja Wismer und Daniel Baumann, im Kunsthaus Glarus. Bereits mit der vorangegangenen Produktion arthur #22 hat radio arthur sein Sendeformat in den Ausstellungsraum übersetzt. Für die Ausstellung «Nepotists, opportunists, friends, freaks and strangers intersecting in the grey zone.» im Z33, Hasselt, Belgien, hat radio arthur ein Konzept des postmodernen Philosophen Jean-François Lyotard adaptiert, das dieser für seine Ausstellung «Les immatériaux» im Centre Pompidou 1985 entwickelt hatte. Die Besucher bewegten sich mit Kopfhörern durch unterschiedliche Sendebereiche, so auch in Hasselt, wo für arthur #22 entwickelte Audio-Stücke zu hören waren. Diese sekundieren in ihrer spezifischen medialen Ebene und damit als diskursiver Rahmen die Ausstellung. Inhaltlich nehmen die Arbeiten Bezug auf «Les Immatériaux» und dem damit verbundenen Versuch poststrukturalistische Theoreme in eine Ausstellung zu übersetzen. So befragen die Audio-Stücke immer auch ihre eigene Präsentation. Für arthur #23 bedient sich radio arthur des heute gängigen Präsentationsformats Audio-Guide. Die fünf Audio-Arbeiten sind während des Besuchs von «Of Objects, Fields And Mirrors» auf fünf verschiedenen Kanälen über Kopfhörer zu hören. Die Arbeiten sind den fünf unterschiedlichen Ausstellungsräumen zugeordnet und nehmen – anders als bei arthur #22 – teilweise explizit, teils implizit auf andere Arbeiten der Gruppenausstellung Bezug. In ihrer Unterschiedlichkeit öffnen die Stücke ein breites, diskursives Feld, wortwörtlich einen Raum über den körperlichen und immateriellen Vorgang des Hörens. Die Arbeiten selbst tarieren Formsprachen des Auditiven aus: zwischen einer formalen, reflektierenden Übersetzungen theoretisch-philosophischer Problemstellungen bis hin zu literarisch/poetischen Griffen nach den sinnlichen Möglichkeiten des Klangs. www.kunsthausglarus.ch

Lucie Kolb – Smoke And Mirrors

6.21 Min Mit den Mitteln von Sprache soll den Momenten der Artikulation nachgegangen werden, in denen eine gleichzeitige Präsenz unvereinbarer Widersprüche, beziehungsweise eine Bewegung des Flimmerns zwischen solchen, eine entscheidende Rolle spielt. Diese Momente, Augenblicke der Bedeutungsfindung und der Entscheidung, beschreiben einen Zustand, in welchem sich Bedeutung noch nicht verfestigt hat oder sich in Auflösung befindet. Lucie Kolb (geboren 1985) ist Mitbegründerin von radio arthur. Gemeinsam mit Romy Rüegger leitet sie die Veranstaltungsreihe «When Europe Speaks with One Voice» www.luciekolb.ch www.when-europe-speaks-with-one-voice.ch

Romy Rüegger – Step by step a capella – useful terms of early modern times

7.41 Min Im Jahr 1668 wurde in England von der angesehenen Royal Society ein Buch des Universalgelehrten John Wilkins mit dem Titel «An Essay Towards a Real Character and a Philosophical Language» veröffentlicht. Darin wird in einem General Scheme nichts weniger als die ganze Welt begrifflich gefasst, geordnet und kommentiert. Aus heutiger Sicht wirken Wilkins Listen, die auch die Kunst unter die Begriffe des Formalen, des Strukturalen, des Genialen oder des Energetischen bringen – und somit in eine eindeutige Ordnung – nur ihrer Form nach rational. Die durch das Ghost-Reading (Alex) vorgetragenen Begriffslisten leiten von Werk zu Werk, beschreiben diese und treten mit ihnen über Ohr und Auge des bewegten Betrachters in eine Wechselbeziehung des gegenseitigen Kommentierens und Überprüfens. Eine zweite Stimme führt den Besucher mit einem Timbre wie wir dieses von Navigationssystemen kennen mit sanftem Drill durch den Raum. Romy Rüegger (geboren 1983) lebt und arbeitet in Zürich und studiert im Master of Fine Arts an der Zürcher Hochschule der Künste. In diversen Kollaborationen für Ausstellungen, Radiobeiträge, Vortragsperformances und Hörspiele richtet sie ihren Fokus auf Bild und Sprache. Gemeinsam mit Lucie Kolb leitet sie die Veranstaltungsreihe «When Europe Speaks with One Voice» und schreibt zur Zeit an einer losen Fragment-Erzählung über Auflösung, Wiederholungen, Schleifen und Loops. Sie beschäftigt sich unter anderem mit Quantenphysik und kleinsten Teilchen, realismo mágico und Realitätswahrnehmung, Kommunikation im 17. Jahrhundert, der Bibliothek von Babel und würde gern das Matterhorn verschieben. www.farfar.ch

Marc Matter

6.51 Min Der Ausstellungsraum PlugIn in Basel stellte im Herbst 2009 die Installation «Four O Phones» der Medienkunstgruppe «Unsworn Industries» aus – vier Telefonhörer, die je an einen Lautsprecher angeschlossen sind. Die mobilen (Interaktions-)Objekte produzieren einen Kreislauf: das in den Hörer Eingesprochene oder aus dem Umfeld Aufgenommene wird als Loop unmittelbar über die Lautsprecher in den Raum gespielt. Länge, Lautstärke oder Vielstimmigkeit wird dabei von den Akteuren bestimmt. Gemeinsam mit radio arthur experimentierte Marc Matter mit Methoden, die Installation allein mit ihren Eigengeräuschen zu bespielen. Aus dem Material einer spontanen halbstündigen Improvisation entstand dieses Stück. Marc Matter (geboren 1974) Medienkünstler, Musiker und freier Kurator, lebt in Köln. Gründungsmitglied der Künstlergruppe INSTITUT FUER FEINMOTORIK, mit der er seit 1997 u.a. zahlreiche Tonträger, einen Experimentalfilm und ein Buch veröffentlichte. Von 1999 bis 2004 studierte er an der Kunsthochschule für Medien. Er tätigt intensive Recherchen über Künstlerpublikationen (Künstlerbücher, Künstlerschallplatten etc.), Klangkunst, Poesie Sonore und Visuelle Poesie. Zusammen mit Marcus Maeder und Bernd Schurer (domizil) hat er für Radio DRS2 einen dadaistischen Roman von Hugo Ball als experimentelles Hörspiel interpretiert. 2005 erschien der Sammelband «Feinmotorik Kompendium», ein Künstlerbuch in Form eines Lexikons. Ende 2009 erschien das exklusiv für radio arthur produzierte Stück «Radio-Imitat» auf CD.

Quinn Latimer – I had come in from your mineral violence

11.58 Min (Dank an Paolo Thorsen-Nagel) Ausgangspunkt des essayistischen Beitrags von Quinn Latimer war ein Erlebnisbericht auf einem Blog auf den sie aufgrund einer künstlerischen Recherche gestossen war. Irritiert von der Ambivalenz der emotionalen Lehre in der Schrift und der gleichzeitig symbolschwangeren Sinnhaftigkeit, übersetzt sie die Geschichte neu. Sie spricht durch die Sinnlichkeit der Bilder. Mit ihnen und in ihnen entwickelt Quinn Latimers rhythmisiertes, in Rauschen oder Regen gebettetes Sprechen einen Sog. Ihre Fragen nach den Parametern der Sinnhaftigkeit wirft sie als Blicke über die Grenze des bildgefüllten Inneren, über die Grenzen einer immanenten Narration. Quinn Latimer (geboren 1978) ist eine amerikanische Kritikerin und Poetin. Sie lebt und arbeitet zu Zeit in Basel. Ursprünglich aus Südkalifornien studierte sie am Sarah Lawrence College und der Columbia University in New York. Ihre Gedichte wurden u.a. im «Boston Review», «Seneca Review» und der Anthologie «Best New Poets 2006» veröffentlicht. Quinn Latimer schreibt regelmässig zu zeitgenössischer Kunst und Literatur in verschiedenen Magazinen, u.a. «Art in America», «Artforum», «Art Review» und «Frieze», sowie in Katalogen. Zur Zeit beendet sie die Arbeit an ihrem ersten Buch. www.quinnlatimer.com

Matthias Freiburghaus

15.43 Min Matthias Freiburghaus erklärt in seinem Beitrag den physikalischen Begriff der Entropie im Zusammenhang mit dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik (2HT). Der 2HT befasst sich mit den Gleichgewichtszuständen von Systemen und mit den Prozessen, die Zustandsänderungen zwischen Systemen ergeben. Freiburghaus problematisiert dabei die Beschreibung thermodynamischer als sogenannte ergodische Systeme. Matthias Freiburghaus (geboren 1973) Studium der Informatik und der Kognitionswissenschaft. Arbeit als Privatlehrer für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Interessenfelder sind wissenschaftliche Grenzgebiete, consciousness studies, Kognition in künstlichen Systemen und natürlichsprachliche Agenten. Auftritte als populärwissenschaftlicher Entertainer und Scheinexperte in Radioshows.