radio arthur fall 2012
Kontext!

In der dritten Ausgabe der Serie «spring, summer, fall, winter» möchten wir nach dem Verhältnis von Werk und Diskurs fragen. Lenkt das Werk den Diskurs oder umgekehrt? Inwiefern sind Werk und Diskurs überhaupt zu trennen? Wir möchten Künstler/innen zu Wort kommen lassen, die ihre Praxis bewusst zwischen diesen Kategorien ansiedeln und damit einen Raum schaffen, in dem das Verhältnis Werk/Diskurs neu ausgehandelt werden kann. Die sechs Beiträge bewegen sich in einem Feld zwischen Geschichte und Präsenz, zwischen Akteuren und gedanklichen Gegenständen, zwischen Handlungsräumen und Untersuchungsgegenständen.

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1 UJ3RK5: s/t (1979) – Philipp Messner

In der kanadischen Postpunkband UJ3RK5 spielten zwischen 1977 und 1980 mit Jeff Wall (Keyboard), Ian Wallace (Bass) und Rodney Graham (Gitarre) drei massgebliche Vertreter der später so genannten «Vancouver School of Conceptual Photography».

1979 nahm die Band eine EP auf. Philipp Messner verfolgt einige der vielfältigen künstlerischen Bezüge, die dieser Tonträger eröffnet und spielt daraus das Stück «Eisenhower & the hippies (After an article by Dan Graham)».

Philipp Messner (*1975) ist Kulturwissenschaftler und Archivar. Er beschäftigt sich mit den medialen Bedingtheiten
historischer Überlieferung. Daneben interessiert er sich für bürokratische Ästhetiken und nähert sich der Geschichte
zeitgenössischer Kunst in buchhalterischer Manier.

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2 coversation pieces – Romy Rüegger und Domique Koch

Im Sendegefäss «conversation pieces» führt Romy Rüegger ein Gespräch mit Dominique Koch über ihre beiden Arbeiten «Imagine a Situation Where the Rules of the Game Change» und «A Duet», die anlässlich der Werkschau des Kunstkredits Basel zwischen 29.9. und 14.10.2012 im Depot Basel gezeigt wurden.

Besprochen werden das Verhältnis von Repräsentation und entpersonalisierter Sprache, sowie die in den aktuellen Arbeiten von Dominique Koch zur Anwendung kommenden Strategien der Formgebung. In das Gespräch eingeschoben sind sieben «Gedichte», welche als weiteres Destillat aus dem ursprünglichen Sprachmaterial von «Imagine a Situation Where the Rules of the Game Change» entstanden sind.

Dominique Koch (*1983) ist Künstlerin, lebt und arbeitet in Basel und Paris. Die Arbeit «Imagine a Situation Where
the Rules of the Game Change» ist die erste Gemeinschaftsarbeit mit dem Künstler Normen Perke. Die letzten Ausstellungsbeteiligungen umfassen Kunstkredit Basel, «Unter 30» Kunsthaus Glarus, Swiss Art Awards und
«6 Künstler aus Basel x 2» in der Kunsthalle Basel. Im nächsten Jahr erscheint ein Cahier d’Artiste als erste monografische Publikation ihrer Arbeiten.

Romy Rüegger (*1983) ist Künstlerin. Sie ist Autorin von experimentellen Audiostücken, welche sie im Radio, als Vortrag, Lesung oder Live-Performance zur Aufführung bringt. Zur Zeit ist in der Fabrikculture in Hégenheim ihr Hörstück «Walk along an imaginary line» zu sehen, das am 15. Dezember im Kunsthaus Baselland live zum Sprechstück «Silent Conversations (listed language in lines: cultural colonies in columns)» erweitert wird. Das Gefäss «conversation pieces» ist eine Fortführung ihrer künstlerischen Recherche und Praxis zu experimentellen Gesprächsformaten. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Frage nach dem Verhältnis von Werk und auditiver Dokumentation.

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3 Künstlerische Forschung als neue Wissensform? Das Spannungsverhältnis Werk und Diskurs als Herausforderung – Gabriel Flückiger

Im Radio-Essay von Gabriel Flückiger soll die diskursive Etablierung einer aktuellen Unterform künstlerischer Forschung genauer umrissen und am Beispiel des Werkes «Encyclopaedia Cinematographica» (2001) des Deutschen Künstlers Christoph Keller diskutiert werden.

Dabei wird mit zusätzlichem Verweis auf die seit den 1980er Jahren existierenden «science studies» das Verhältnis Werk und Diskurs in jenem Unterbereich der künstlerischen Forschung als grundsätzlich problematisch thematisiert und darauf hingewiesen, dass diskursiv etablierte Vorstellungen auch Resultat kontextueller Faktoren sein können und nicht immer einer Werkrealität entsprechen müssen.

Gabriel Flückiger (*1988) studiert Kunstgeschichte und Sozialanthropologie an der Universität Bern. Nebenher schreibt er u.a. regelmässig fürs Kunstbulletin und wirkt bei verschiedenen Off-Space-Projekten kuratorisch mit (Palazzo Wyler, [balk]). Grundsätzlich möchte er sich für eine fliessende Grenze zwischen kunsthistorischer und künstlerischer Praxis einsetzen und unterschiedliche Formate, sowie Rollenzuschreibungen in jenem Zwischenbereich
ausloten. Diesbezüglich realisierte er im Projektraum Links der Galerie Duflon & Racz (Bern) vergangenen Sommer eine Intervention, welche sich u.a. mit der Frage der Autorschaft und der textlichen Vermittlung auseinandersetzte.

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4 Diary: How To Improve The World (You Will Only Make Matters Worse) – John Cage

John Cages gesprochene Arbeit «Diary» wurde vom 22. bis 24. Juni 1991 in den Powerplay Recording Studios im Zürcherischen Maur aufgenommen. Es handelt sich um eine Vertonung einer Serie von Texten, die Cage zwischen 1965 bis 1972 verfasst hatte.

Nach eigenen Aussagen begann er mit dem Textmosaik 1965 aus einer optimistischen Grundintention heraus als Hommage an Richard Buckminster Fuller. Wie auch in anderen seiner Arbeiten, verwendete er einen konzeptuellen Schreibrhythmus dem Zufallsoperationen zugrunde lagen. Bei der Aufnahme korrespondiert die Typografie der gedruckten Texte sowohl mit dem Wechsel der stereophonen Position als auch mit der veränderten Lautstärke von Cages Stimme.

John Cage (1912-1992) wurde in Los Angeles geboren, studierte bei Henry Cowell und Arnold Schönberg Musik
und Kompositionslehre. 1952 inszenierte Cage, damals Lehrer an dem für seine avantgardistischen Strömungen bekannten Black Mountain College, das Happening «Untitled Event». Wichtige Inspirationen, sowie kompositionelle Techniken waren für Cage die Zufallsoperation des I Ging, der
Buddhismus und psychoaktive Drogen, Fluxus und die analytischen Aufstellungen des Schachspiels. Cage verfasste
über 250 musikalische Kompositionen, schuf zahlreiche audio-visuelle Arbeiten, Performances, Installationen und auch Werke im rein bildkünstlerischen Bereich. Er hielt Lesungen, Vorträge und ist Autor theoretischer und literarischer
Schriften.

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5 Über das Adressieren von Kunstwerken – Lucie Kolb

Anhand eines Textes von Ian Wallace über die erste documenta 1955 verfolgt Lucie Kolb die Frage nach der Organisation
von Zugriff auf Kunstwerke im geschriebenen Text.

Welche Informationen werden bei einer Adressierung von Kunstwerken in textbasierten Repräsentations- und Speicherformen verwendet, welche entfallen? Wie beeinflussen die damit verbundenen Entscheidungen die Art und Weise wie wir uns über Kunstwerke verständigen können? Wie definieren sie deren Status in einer Ökonomie des Wissens?

Lucie Kolb (*1985) ist Autorin, Künstlerin und Co-Kuratorin von radio arthur. Gemeinsam mit Romy Rüegger editiert sie «We would like to learn, and we are working on a book», ein Buch zur Verzahnung von Wissensökonomien
und künstlerischer Arbeit im Raum zwischen Institutionen, das im Oktober 2012 bei Passenger Books erscheint.
In ihrer Dissertation beschäftigt sie sich mit Form und Funktion von Paratext in der zeitgenössischen Kunst.

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6 Black Box – Raimundas Malašauskas

Die Veranstaltungsserie «Black Box», die vom Kurator Raimundas Malašauskas für die dOCUMENTA (13) konzipiert
und von ihm sowie Björn Schirmeier in Kassel begleitet wurde, rückt vergessenes Wissen in den Mittelpunkt einer Gesprächsreihe über unerklärliche Objekte und obsolete wissenschaftliche Instrumente aus dem Astronomisch-
Physikalischen Kabinett in Kassel.

Das Astronomisch-Physikalische Kabinett umfasst diverse Objekte mit unbekannten Eigenschaften. Fünf Objekte aus dem
Lager des Kabinetts wurden in den Räumen der Mathematischen Abteilung ausgestellt, wo sich einmal pro Woche mehrere geladene Gäste – Künstler/innen, Philosoph/innen sowie Wissenschaftler/innen – trafen, um, als Hommage an das Unbekannte, einen Ausflug in das Reich der Spekulation und der Hypothesen zu unternehmen. Auf der vorliegenden Audioaufnahme vom 19. Juli 2012 spricht Dora Garcia und verschiedene Besucher/innen.

Raimundas Malašauskas (*1973) arbeitet als Kurator und Schriftsteller. Von 1995 bis 2006 war er am Contemporary
Art Centre (CAC) in Vilnius tätig und produzierte die ersten beiden Staffeln der wöchentlichen Fernsehshow
CAC TV. 2005 kuratierte er die neunte Baltic Triennial am CAC in Vilnius unter dem Titel «Black Market Worlds».
Malašauskas war von 2007 bis 2008 Gastkurator am California College of the Arts in San Francisco und ist bis heute curator-at-large des Artists Space in New York. Als Autor arbeitete er 2007 an dem Libretto der Oper «Cellar Door» mit, die von Loris Gréaud in Paris produziert wurde. Er kuratierte zudem die Ausstellungen «Sculpture of the Space
Age» in der David Roberts Art Foundation in London (2009), «Into the Belly of a Dove» im Museo Rufino Tamayo in Mexico City (2010) und «Repetition Island» im Centre Georges Pompidou in Paris (2010). Aktuelle Projekte sind «Hypnotic Show» und «Clifford Irving Show».

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